Wertermittlung bei Pächterwechsel – eine freiwillige Angelegenheit oder ein Muss ?

Eine Wertermittlung bei eigener Gartenaufgabe war im Kleingartenwesen schon immer verbindlich. Das kleingärtnerische Anliegen konnte nur auf fremdem Grund und Boden (Pachtland) verwirklicht werden. Infolge dieses Nutzungsrechtes durfte der Kleingärtner im Rahmen des jeweils Zulässigen die gepachtete Parzelle bepflanzen und bebauen. Diese Nutzung sollte sozialverträglich sein – und das nicht nur bezüglich der Pachthöhe. Deshalb wurden Regularien (anfangs vereins-, später verbandsintern) geschaffen, die auf eine vollständig beräumte Rückgabe der Fläche bei eigener Kündigung verzichteten und es ermöglichten, die jeweils zulässige Bebauung und Bepflanzung an einen Pachtnachfolger zu verkaufen. Und das zu sozialverträglichen („angemessenen“) Preisen.
Diese Regularien beinhalteten hauptsächlich

^    den Umgang mit den von dem Kleingärtner in die Parzelle eingebrachten bzw. vom Vorgänger übernommenen baulichen Anlagen und Anpflanzungen bei eigener Kündigung oder Kündigung wegen Pflichtverletzungen;
^    die Ermittlung eines realistischen („angemessenen“) Preises nach einheitlichen Richtsätzen und Formblättern für das auf der Parzelle verbleibende Eigentum, der stets als Höchstpreis galt;
^   die Regulierung von Verstößen gegen die zulässige Nutzung und die Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustandes durch den weichenden Pächter spätestens mit der Gartenrückgabe;
^    die Sicherung der Funktion des Vereins als Vermittler und Kontrollinstanz beim Pächterwechsel und der Eigentumsübertragung an einen Pachtnachfolger.

Diese Regularien fanden und finden ihren Niederschlag im Unterpachtvertrag und in den jeweils gültigen Wertermittlungsrichtlinien. Die Wertermittlung diente und dient also nicht primär der Feststellung des Wertes der Bepflanzung und Bebauung. Sie war immer zuerst eine Zustandsermittlung zur kleingärtnerischen Nutzung der Parzelle. Durch sie werden Aussagen getroffen, die dem abgebenden Pächter bescheinigen, die Parzelle in einem ordnungsgemäßen Zustand zurückgegeben zu haben.
Die Wertermittlung kann den Verein auch davor schützen, keine verkommene Parzelle übernehmen zu müssen, und sie gewährleistet, dass der Nachpächter eine den kleingärtnerischen Richtlinien entsprechende Parzelle ohne Altlasten übernehmen kann. Die Wertermittlung übte und übt gewissermaßen eine Schutzfunktion für den abgebenden und übernehmenden Gartennutzer sowie für den Verein vor einer Infragestellung des Anliegens des Kleingartenwesens aus. Da die Wertermittlung bei Gartenabgabe verbindlich und im Sinne der zu berücksichtigenden Regularien von großer Bedeutung für den weichenden Nutzungsberechtigten ist, hatte dieser schon immer deren Kosten zu tragen. Dabei spielte keine Rolle, ob die Durchführung der Wertermittlung durch den Kreisverband angeordnet wurde (ab 1956) oder durch den weichenden Nutzer beantragt werden musste (seit 1985).
Der dabei festgestellte Wert der Bepflanzung und Bebauung (der nach wie vor einen Höchstpreis darstellt) wird mittlerweile beim Pächterwechsel kaum noch realisiert. Bedeutsamer ist die Wertermittlung für die Rechtssicherheit im Kleingartenwesen sowohl für den weichenden und für den übernehmenden Pächter, aber auch für Verein und Verband. Deshalb kann sie keine freiwillige Angelegenheit sein – wenn wir auf sie verzichten würden, geben wir uns ein wichtiges Mittel zur Durchsetzung eines einheitlichen Handelns aus der Hand.

                                                                                                                                                           Quelle:  Dr. Rudolf Trepte